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Erfolgreiche Vertretung unsere Mandantin im Bereich „Sparbuchschließfächer“ und Sorgfaltspflichten der Vermieterin vor dem Obersten Gerichtshof (5 Ob 41/23z) und dem Oberlandesgericht Graz (4 R 157/22y)

Recht & Rechtsberatung

Bei dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 41/23z) und des Oberlandesgerichts Graz haben wir für unsere Mandantin im Bereich „Sparbuchschließfächer“ und Sorgfaltspflichten der Vermieterin ein Obsiegen erzielt. Thema des Verfahrens war die Frage, ob die – von uns vertretene – beklagte Bank für den Ersatz des Wertes von Goldmünzen haftet, welche im Rahmen eines Einbruchs aus dem vom Kläger von ihr gemieteten Sparkassenbuchschließfach gestohlen wurden.

Die rechtskräftige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 41/23z) können Sie hier ansehen/herunterladen:

Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 41/23z) ansehen

Nachfolgend finden Sie auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz (4 R 157/22y).

Volltext der Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz, 4 R 157/22y

Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht durch die Richterinnen Dr.in Angerer (Vorsitz), Mag.a Zeiler-Wlasich und Dr.in Jost-Draxl in der Rechtssache der klagenden Partei ***, vertreten durch Mag. Max Verdino und andere, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, gegen die beklagte Partei ***, vertreten durch die KS Kiechl Schaffer Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen EUR 89.000,00 samt Anhang, über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 89.000,00) gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. Mai 2022, 69 Cg 53/21p-16, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei deren mit EUR 3.248,52 (darin EUR 541,42 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Thema des Verfahrens ist die Frage, ob die beklagte Bank für den Ersatz des Wertes von Goldmünzen haftet, welche im Rahmen eines Einbruchs aus dem vom Kläger von ihr gemieteten Sparkassenbuchschließfach gestohlen wurden. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde (die vom Kläger bekämpften Feststellungen F1 bis F3 sind kursiv gekennzeichnet):

Der Kläger entschloss sich nach einem Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten, ***, im November 2019 für den Ankauf von Philharmoniker-Goldmünzen. Sie sprachen weiters über bestehende Verwahrungsmöglichkeiten für das Gold in der Filiale der Beklagten. *** wies den Kläger auf die Safes im Keller der Filiale und die vorherige notwendige Abklärung einer versicherungsrechtlichen Deckung durch den Kläger hin. Der Kläger erkundigte sich bei *** auch nach den Sparkassenbuchschließfächern. *** sagte dem Kläger, dass diese ausschließlich für die Verwahrung von Sparbüchern geeignet seien. Er teilte dem Kläger auch mit, dass diese nicht alarmgesichert seien. Ob eine Videoüberwachung vorhanden sei, sagte er ihm nicht. Jedenfalls wies er den Kläger darauf hin, dass in die Schließfächer noch nie eingebrochen worden sei. *** erklärte dem Kläger auch den Unterschied zu den im Keller der Filiale befindlichen Safes, nämlich, dass diese hinter einer Tresortüre befindlich, alarmgesichert und videoüberwacht seien (F1). Das Sparkassenbuchschließfach koste rund EUR 12,00 pro Jahr, die Safes im Keller zwischen EUR 70,00 und EUR 150,00 pro Jahr; letztere seien nur gemeinsam mit einem Bankmitarbeiter zugänglich. Der Kläger beauftragte schließlich *** mit der Bestellung von Philharmoniker-Goldmünzen zum Ankaufspreis von EUR 29.901,41. Ca zwei Wochen später begab er sich am *** 2019 erneut zur Filiale der Beklagten und teilte *** mit, dass er ein Sparkassenbuchschließfach eröffnen wolle. Dazu schloss er mit der Beklagten eine Benützungsvereinbarung ab, die auszugsweise wie folgt lautet:

„Benützung eines Sparkassenbuchschließfaches

Ich möchte von Ihnen das Sparkassenbuchschließfach mit der Nummer *** mieten.

[…]

Diesem Mietvertrag liegen die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen der *** für die Überlassung von Sparkassenbuchschließfächern“ zugrunde, die ich hiermit als verbindlich anerkenne.

[…]

Ich nehme zur Kenntnis, dass ausschließlich Sparbücher und Sparkarten der *** im Sparbuchschließfach verwahrt werden dürfen.

Der Inhalt des Sparkassenbuchschließfaches ist nicht versichert, da die Sparbücher/-karten durch Losungswort bzw. Unterschrift gesichert sind.

(Die Hervorhebungen in fetter Druckschrift finden sich so in der Benützungsvereinbarung).

*** besprach die Benützungsvereinbarung mit dem Kläger inhaltlich und wies ihn erneut ausdrücklich darauf hin, dass dort nur Sparbücher und Sparkarten verwahrt werden dürften. Er händigte dem Kläger bei der Unterzeichnung der Benützungsvereinbarung auch die Bedingungen für die Überlassung von Sparbuchschließfächern, Fassung Februar 2019, aus. Diese besprach er mit ihm nicht im Einzelnen. Deren Inhalt lautet auszugsweise wie folgt:

„1. Mietrecht

1.1. Schließfächer werden nur an Kunden des Kreditinstituts vermietet, die ihre Geschäftsbeziehungen zu dieser durch Vorlage von wenigstens einem Sparbuch nachweisen können.

1.2. Andere Gegenstände dürfen im Schließfach nicht verwahrt werden.

1.3. Erhält das Kreditinstitut Kenntnis von einer vertragswidrigen Verwendung des Schließfaches, ist ihrem Ersuchen um Abstellung desselben umgehend nachzukommen.

[…]

4.4. Das Schließfach steht unter dem alleinigen Verschluss des Mieters. Das Kreditinstitut übt keinerlei Verschlusskontrolle aus.

[…]

5.3. Das Kreditinstitut übernimmt keine Verpflichtung zu einer Benützungskontrolle.

[…]“

6. Haftung

6.1. Alle Schäden und Kosten, die aus einer missbräuchlichen Verwendung des Schließfaches anderen Schließfachmietern und dem Kreditinstitut erwachsen, gehen zu Lasten des Mieters“.

(tlw ergänzt aus Beilage ./2).

Der Kläger kaufte in mehreren Tranchen insgesamt 56 Philharmoniker-Goldmünzen und verwahrte diese alle in dem von ihm angemieteten Sparkassenbuchschließfach. Der Kläger wusste im Zeitpunkt der Einlagerung des Goldes im Sparkassenbuchschließfach, dass er darin laut seinem Benützungsvertrag kein Gold einlagern dürfe und diese dafür auch nicht geeignet seien (F2). Der Kläger teilte *** zu keinem Zeitpunkt mit, dass er beabsichtige, in dem von ihm angemieteten Sparkassenbuchschließfach Gold einzulagern. *** nahm auch zu keiner Zeit wahr, dass der Kläger auch tatsächlich Gold in dem von ihm angemieteten Sparkassenbuchschließfach einlagerte. Er war dem Kläger auch nicht gemeinsam mit einer anderen Mitarbeiterin dabei behilflich, Goldmünzen in dem von ihm angemieteten Sparkassenbuchschließfach einzulagern (F3).

Im Zeitpunkt der Anmietung des Sparkassenbuchschließfachs durch den Kläger befanden sich auf dem oberen Rand jedes zweiten Blocks der Schließfächer für jedermann erkennbare Aufkleber mit der Aufschrift „Sparbuchschließfach nur zur Aufbewahrung von Sparbüchern – Nicht für Wertgegenstände geeignet“.

In der Nacht vom *** 2020 wurde in die Filiale der Beklagten in *** durch unbekannte Täter eingebrochen, wobei 317 der 500 Sparkassenbuchschließfächer, darunter jenes des Klägers, aufgebrochen wurden. Die unbekannten Täter bohrten dabei mehrere Löcher in den Holzrahmen eines Außenfensters der Filiale, schalteten den dort befindlichen Bewegungsmelder aus, drückten mit einem mitgebrachten Werkzeug den Fenstergriff nach oben und konnten das Fenster so öffnen und in den Innenraum der Filiale gelangen. Im Zeitpunkt des Einbruchsdiebstahls bei der Beklagten hatten die vom Kläger in seinem Sparkassenbuchschließfach eingelagerten Goldmünzen einen Wert von EUR 89.000,00.

Der Kläger begehrt Schadenersatz von EUR 89.000,00 samt Anhang, weil die Beklagte gegen vertragliche und vorvertragliche Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten verstoßen habe. Er habe die Goldmünzen, wie mit der Beklagten vereinbart, im Sparbuchschließfach aufbewahrt. *** sei bekannt gewesen, dass er insbesondere die 56 Stück Philharmoniker-Goldmünzen im Wert von rund EUR 89.000,00 dort aufbewahre; die Anmietung sei explizit zu diesem Zweck erfolgt. *** habe über Nachfrage des Klägers ausdrücklich bejaht, dass das Schließfach sicher wäre, und darauf hingewiesen, dass der Raum videoüberwacht und alarmgesichert sowie in der Vergangenheit noch nie etwas abhanden gekommen wäre. Nach Eintreffen der Lieferung seien die Goldmünzen vom Kläger gemeinsam mit *** und einer Mitarbeiterin in Empfang genommen und in das Schließfach geräumt worden. Die Mitarbeiterin der Beklagten habe die Pakete mit einer Schere aufgeschnitten. Der Kläger habe diese in das mit Noppen versehene Sackerl, in welchem das Gold angeliefert worden war, vor den Augen der Mitarbeiterin flach eingelegt, damit dieses im Sparbuchschließfach der Höhe nach Platz finde. Danach habe er die Goldmünzen im Sparbuchschließfach deponiert, wovon sowohl *** als auch die Mitarbeiterin der Beklagten Kenntnis gehabt hätten. Zu keinem Zeitpunkt haben *** oder die Mitarbeiterin dem Kläger von diesem Vorgehen abgeraten oder darauf hingewiesen, dass die Verwahrung der Goldbestände im Sparbuchschließfach nicht zulässig wäre. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten es schuldhaft unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass die Verwahrung von Goldmünzen in den Schließfächern nicht sicher sei, keine Alarmsicherung gegeben sei und kein Versicherungsschutz dafür vorliege. In Kenntnis dieser Umstände hätte der Kläger die Goldmünzen nicht dort verwahrt. Auch eine Reihe weiterer Kunden hätten Goldbestände in den Schließfächern verwahrt.

Die Beklagte wendet ein, dass sie gegenüber dem Kläger keine vertraglichen Pflichten verletzt habe. Sie treffe am Einbruch kein Verschulden. Der Kläger habe die Benützungsvereinbarung samt den allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Unterschriftsleistung als verbindlich anerkannt. Daraus gehe hervor, dass die Schließfächer nur für die Verwahrung von Sparbüchern und Sparkarten, nicht jedoch für andere Gegenstände verwendet werden dürften. Zudem sei auf den Schließfächern ein Aufkleber angebracht, welcher darauf hinweise. *** habe dem Kläger nie die Einlagerung der Goldmünzen in einem solchen Schließfach empfohlen und den Kläger ausdrücklich gewarnt, dass nur die Safes im Keller für die Aufbewahrung von Gegenständen erlaubt und geeignet seien. Er habe ihn auch darauf hingewiesen, dass die Sparbuchschließfächer nicht alarmgesichert seien. Mitarbeiter der Beklagten hätten dem Kläger weder bei der Einlagerung von Goldmünzen geholfen noch davon Kenntnis gehabt, dass er dort Goldmünzen verwahre.

Mit der angefochtenen Entscheidung weist das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es trifft die in den Urteilsseiten 4 bis 7 ersichtlichen Feststellungen. Rechtlich führt es aus, dass der Kläger mit der Beklagten einen Schrankschließfachvertrag abgeschlossen habe, der von der überwiegenden Judikatur als Mietvertrag qualifiziert werde. Die Bank treffe keine Obsorgepflicht für die im Schließfach verwahrten Gegenstände. Sie habe lediglich für die sichere Unterbringung durch entsprechende Überwachung des Safes zu sorgen. Schließfächer, welche nur dazu bestimmt seien, dass man dort Sparbücher und Sparkarten verwahre, müssten nicht so umfassend geschützt sein wie Schließfächer für Wertgegenstände. Die von der Beklagten getroffenen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Sparkassenbuchschließfächer seien hinreichend gewesen. Der Beklagten sei auch keine Verletzung von Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten vorzuwerfen. Der Kläger habe gewusst und sei auch mehrfach darüber aufgeklärt worden, dass die Sparkassenbuchschließfächer nur für Sparkarten und Sparbücher geeignet seien. Dies sei auch aus der Benützungsvereinbarung, den Geschäftsbedingungen und aus den Aufklebern über den Schließfächern ersichtlich gewesen. Die widrigen Folgen des Einbruchs habe der Kläger alleine zu tragen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil in eine vollständige Klagsstattgebung abzuändern, in eventu dieses aufzuheben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen; in eventu erhebt er eine Berufung im Kostenpunkt.

Die Beklagte erstattet eine Berufungsbeantwortung.

Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden war, ist nicht berechtigt.

I. Zur Mangelhaftigkeit:

1. Der Kläger erachtet das Verfahren als mangelhaft, weil das Erstgericht seinen Beweisantrag in der ersten (und einzigen) Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung auf zeugenschaftliche Einvernahme der Mitarbeiterin der Beklagten *** abgewiesen habe. Er hätte dadurch unter Beweis stellen können, dass bei der Anlieferung am *** 2019 die Goldmünzen in Paketen verpackt gewesen seien, welche für die Einlagerung in das Schließfach zu hoch gewesen seien, sodass *** eine Schere geholt habe, um die Pakete zu öffnen, damit das Gold im Schließfach verstaut werden könne. Damit hätte bewiesen werden können, dass sowohl der Zeuge *** als auch *** wahrgenommen hätten, dass er die Goldmünzen in das Sparbuchschließfach gelegt habe.

2. Ein Verfahrensmangel muss abstrakt geeignet sein, eine unrichtige Entscheidung des Gerichtes herbeizuführen (RIS-Justiz RS0043049; RS0116273; RS0043027). Das Berufungsgericht erachtet das vom Kläger genannte Beweisthema für rechtlich nicht relevant, wobei auf die Ausführungen zur Rechtsrüge verwiesen wird. Der geltend gemachte Verfahrensmangel ist somit nicht gegeben.

II. Zur Tatsachenrüge:

1.1. Der Kläger bekämpft die Feststellung F1 und begehrt ersatzweise die Feststellung:

„Es kann nicht festgestellt werden, dass *** dem Kläger gesagt habe, dass die Sparkassenbuchschließfächer ausschließlich für die Verwahrung von Sparbüchern geeignet seien. Er teilte dem Kläger auch mit, dass diese alarmgesichert und videoüberwacht seien. *** erklärte dem Kläger auch den Unterschied zu den im Keller der Filiale befindlichen Safes, nämlich dass diese nur im Beisein eines Bankmitarbeiters aufgesucht werden könnten.“

1.2. Das Erstgericht folgte diesbezüglich der Aussage des *** und setzte sich in seiner Beweiswürdigung auch ausführlich damit auseinander, weshalb es die gegenteilige Aussage des Klägers – auch auf Grund dessen Aussageverhaltens – für nicht glaubhaft erachtete.

1.3. Nach dem für das österreichische Zivilprozessrecht geltenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat das Gericht nach seiner persönlichen Überzeugung zu beurteilen, ob ein Beweis gelungen ist oder nicht. Dabei spielen der persönliche Eindruck, die Kenntnis von Lebensvorgängen, Erfahrungen und Menschenkenntnis eine entscheidende Rolle (Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 272 ZPO [Stand 1.8.2017, rdb.at] Rz 4f zu § 272 ZPO). Der Kläger hält der Beweiswürdigung nur die eigene Aussage entgegen, welche klar und schlüssig gewesen sei. Damit gelingt es ihm nicht, erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu wecken, zumal die Aussage des *** über die erfolgte Aufklärung des Klägers auch mit dem Inhalt der Benutzungsvereinbarung, in welcher unmittelbar vor dem Unterschriftsfeld fett auf die eingeschränkte Nutzungswidmung hingewiesen wird, übereinstimmt.

2. Aus demselben Grund versagt auch die Tatsachenrüge im Zusammenhang mit der Feststellung F2, zumal die darin festgestellte Kenntnis des Klägers mit der in F1 festgestellten Aufklärung in Zusammenhang steht.

3.1. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass für jene in F3 festgestellten Umstände noch nicht sämtliche angebotenen Beweismittel vom Erstgericht ausgeschöpft wurden, da dieses die Zeugin *** nicht vernommen hat. Auch wenn der Kläger lediglich aufgrund eines Fotos aus dem Internet vermutet, dass es sich bei dieser Zeugin um jene Mitarbeiterin der Beklagten handelt, die beim Aufschneiden der Pakete behilflich gewesen sei, ist der diesbezügliche Beweisantrag nicht als Erkundungsbeweis formuliert (dazu: RS0039880; RS0039973; RS0039881). Bei den Ausführungen des Erstgerichtes in der Beweiswürdigung, von der Befragung der Zeugin sei eine Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage nicht zu erwarten, weil der Kläger nur vermute, dass es sich um die fragliche Mitarbeiterin handle und der Zeuge *** einen solchen Vorfall glaubhaft verneint habe, handelt es sich um eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung (RS0043308).

3.2. Die Feststellung F3 wird somit nicht übernommen. Das Berufungsgericht erachtet sie allerdings nicht für rechtserheblich.

III. Zur Rechtsrüge:

1. Beim typischen Schrankfach-(Safe-)Vertrag – aber auch bei der Vermietung von Sparbuchschließfächern, bei der ein Mitverschluss der Bank regelmäßig nicht vorgesehen ist (Koziol in österreichisches Bankvertragsrecht2 Band II 333 [F1]) – trifft die Bank keine Obsorgepflicht für den Inhalt der dort vom Kunden verwahrten Sachen (RS019228; RS0019243; oziol aaO Rz 5/9), wie das Erstgericht zutreffend erkennt. Gegenstand des Schrankfachvertrages ist nur die Gewährung des Gebrauches an dem Fache. Der Vertrag kommt unabhängig von der Übergabe der Sachen zustande; das Entgelt bemisst sich nur nach der Schrankfachgröße (Karner in Kletecka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 957 Rz 5; Koziol in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II2 Rz 5/2; Kellner in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 957 [Stand 1.8.2022, rdb.at] § 957 ABGB Rz 15). Es fehlt die für einen Verwahrungsauftrag erforderliche Übergabe der Sache und die Übernahme der persönlichen Verpflichtung zu ihrer Verwahrung (RS0019228). Während beim Schrankfachvertrag die Bank für die sichere Unterbringung der Sachen in einer Stahlkammer durch entsprechende Überwachung und Erschwerung des Zuganges zu sorgen hat (RS0019243), trifft sie bei der Vermietung eines Sparbuchschließfaches bloß Obsorgepflichten in Bezug auf das Schließfach (Koziol aaO Rz 5/9).

2. Die Verletzung einer vertraglich übernommenen Obsorgepflicht der Beklagten (etwa dadurch, dass zumutbare und übliche Maßnahmen zur Einbruchsverhinderung in Bezug auf das Sparbuchschließfach nicht getroffen wurden) steht nicht fest und wurde vom Kläger auch gar nicht behauptet. Für den – nicht aus der Verletzung ihrer vertraglichen Sorgfaltspflicht resultierenden – Verlust des Inhaltes des Schließfaches auf Grund des Einbruchs hat die Beklagte nicht einzustehen. Die Beklagte traf keine vertragliche Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass dem Kläger durch den widmungswidrigen Gebrauch des Sparbuchschließfaches als Aufbewahrungsort für Wertsachen kein Schaden entsteht.

3. Die Beklagte verletzte auch keine vertragliche Aufklärungspflicht, weil sie sowohl schriftlich in der Benützungsvereinbarung und mittels Aufkleber als auch durch *** zweifach mündlich darauf hinwies, dass im Schließfach nur Sparbücher aufbewahrt werden dürften und dem Kläger auch mitteilte, dass dieses nicht alarmgesichert sei. Durch den (vom Kläger behaupteten) Umstand, dass ihm (im Beisein von ***) eine Mitarbeiterin eine Schere gebracht haben mag, um das Paket für die Goldmünzen zu öffnen, und allenfalls die Mitarbeiter der Beklagten beobachteten, dass er Goldmünzen in das Schrankfach legte, wird keine weitergehende Aufklärungspflicht der Beklagten begründet, weil diese davon ausgehen kann, dass der aufgeklärte und mündige Kläger in Kenntnis dessen, dass das Schließfach zur sicheren Aufbewahrung für Wertsachen ungeeignet ist, dieses auf eigenes Risiko widmungswidrig verwenden möchte.

4. Der Berufung in der Hauptsache war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

IV. Zur Berufung im Kostenpunkt:

1. Der Kläger wendet sich gegen die Honorierung des Schriftsatzes vom 14. April 2022, in welchem die Beklagte Urkunden vorlegte und weitere Beweisanträge stellte. Die (einzige) Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung fand am 21. April 2022 statt. Der Kläger erachtet in seinen Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis des Beklagtenvertreters den Schriftsatz (nur) deshalb nicht für erforderlich, weil das darin enthaltene Vorbringen samt Beweisanbot auch in der Verhandlung hätte erstattet werden können und der namhaft gemachte Zeuge ohnehin stellig gemacht worden sei (Anmerkung: der Zeuge wurde vom Erstgericht jedoch nicht vernommen).

2. Gemäß § 257 Abs 3 ZPO können die Parteien einander in der Klage oder Klagebeantwortung noch nicht enthaltene Anträge, Angriffs- und Verteidigungsmittel, Behauptungen und Beweise, welche sie geltend machen wollen, durch besonderen, spätestens eine Woche vor der vorbereitenden Tagsatzung bei Gericht und beim Gegner einlangenden, vorbereitenden Schriftsatz mitteilen. Die Berechnung der Wochenfrist richtet sich nach § 125 Abs 2 ZPO. Findet die Tagsatzung daher – wie hier – an einem Donnerstag statt, so muss der Schriftsatz bis Donnerstag 24.00 Uhr der Vorwoche beim Gericht und beim Gegner einlangen (Kodek in Fasching/Konecny3 III/1 § 257 ZPO [Stand 1.8.2017, rdb.at], Rz 20/1).

3. Dass der gemäß § 112 ZPO zugemittelte Schriftsatz nicht rechtzeitig beim Klagsvertreter eingelangt wäre, bringt dieser nicht vor, weshalb davon auszugehen ist, dass dieser Schriftsatz fristgerecht und zulässig war. Wie das Erstgericht zutreffend begründet, war aus der ausgeschriebenen Länge der Tagsatzung für die Parteien zu schließen, dass dort bereits Beweisaufnahmen stattfinden (was bei überschaubarem Beweisanbot auch einen möglichen Verhandlungsschluss indiziert), sodass abschließendes Vorbringen und die Nennung aller Beweisanbote vor dieser Tagsatzung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung jedenfalls notwendig war. Die Beklagte konnte nicht davon ausgehen, dass in der Tagsatzung Zeit dafür
sein würde, einen zuvor nicht angekündigten Zeugen zu vernehmen, und dass das Erstgericht keine schuldhafte Verspätung des Beweisanbotes annehmen werde. Die Argumentation in der
Berufung, der Schriftsatz sei nicht notwendig gewesen, weil der Zeuge ohnehin stellig gemacht worden sei und Vorbringen und Urkundenvorlage in der Tagsatzung hätten erfolgen können, geht daher fehl. Unerheblich ist dabei, ob das Erstgericht diesem Beweisanbot in der Folge nachkam oder dass die Beklagte das Beweisthema für den Zeugen (Aufkleber am Schließfach) bislang nicht konkret bestritten hatte, zumal sie dies noch in der Tagsatzung hätte bestreiten können.

4. Die nach TP 2 erfolgte Honorierung dieses Schriftsatzes durch das Erstgericht ist somit nicht zu beanstanden.

V. Kosten des Berufungsverfahrens, Zulassung

1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

2. Die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO war zur Frage zuzulassen, ob eine Bank als Vertragspartnerin eines Sparbuchschließfachvertrages im Rahmen ihrer vertraglichen Pflichten verpflichtet ist, ungeachtet der ausdrücklichen Aufklärung ihres Kunden darüber, dass das Schließfach nur zur Aufbewahrung von Sparbüchern geeignet sei, diesen nochmals auf diesen Umstand aufmerksam zu machen, wenn ihre Mitarbeiter erkennen, dass der Kunde beabsichtigt, widmungswidrig Wertsachen im Schließfach zu verwahren.

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